Strategie YouTube „Segeln für Anfänger“

Inhaltsverzeichnis/(Empfehlung zur Lesereihenfolge)

  1. Wer ist Hocipoci?
  2. Es begann schleichend in mein Bewusstsein zu kriechen. Ich muss richtig Segeln lernen!
  3. Strategie YouTube „Segeln für Anfänger“
  4. Weltumsegler zum Anfassen mit Patreon, Freunde klären mich auf
  5. Motivation zum Segeln mit SV Delos
  6. Das perfekte Hafenmanöver, Anlegen Bug voraus in der Box
  7. Die Yacht, was moderne „Bordfrauen“ unbedingt auch lesen sollten
  8. Das Erste Mal mit zwei verdeckten Ermittlern
  9. Segelbücher für Frauen der anderen Art, must have!(Teil 1)

Während der Abwesenheit meines Mannes, wenn er am Boot bastelte und nachdem ich festgestellt hatte, dass mein Handy YouTube Videos auch auf dem Fernseher in ganz groß abspielen kann, nutzte ich diese neue Erkenntnis für mein Projekt vom Fendergirl zum Skipper.

Nebenbei konnte ich die Zeit beim Videos gucken gut nutzen auf Laufbandmodus meiner nicht hinreichenden Schrittzahl pro Tag zu begegnen.

Hochmotiviert startete ich mit der Suchanfrage „Segeln für Anfänger“ und bekam prompt die BootsProfis vorgeschlagen mit der furiosen Überschrift: „9 Tipps wenn Du Segeln lernen möchtest, aber Nicht weißt wie“.

Tipps suchte ich. Dieses Video deuchte mir genau in mein Beuteschema zu passen für meine Projektplanung mein Dasein als Fendergirl zu beenden. Also drückte ich gleichzeitig auf Play und setzte meine Uhr in Gange, die meine Schritte zählen sollte, während ich beim Gucken auf der Stelle stampfte.

Die angebotenen Tipps, sich von einem guten Segler, gern mit eigenem Boot, Segelkenntnisse beim Segeln beibringen zu lassen, fand ich nachvollziehbar, wie auch die anderen Tipps Vereine oder Anbieter von Kursen für Segelschulungen zu kontaktieren. Kojencharter mit zu machen oder sich als Bootshelfer übers Netz anzudienen, um erste Erfahrungen zu sammeln.  Alles Möglichkeiten sich der aus meiner Sicht wackeligen Angelegenheit zu nähern. Aber auch hier schien deutlich der Ansatzpunkt anders als bei mir zu sein. Alle waren segelbegeistert, hatten keine Angst auf dem Wasser und erfüllen sich damit einen Lebenstraum.

Der Ansatz Segeln als Lebenstraum war weder in meinem Herzen, noch in meinem Kopf verankert. Die Vorstellung allein mit einem Haufen Menschen zusammen zu sein, die sich mit großer Begeisterung und Inbrunst auf ein Boot stürzen und dabei über alle „vier Backen“ strahlen, erweckte in mir keine positiven Gefühle. Ich hörte genau in mich hinein, aber es blieb beim Nein. Ich wollte einerseits Zeit mit meinem Mann verbringen und andererseits ein vollwertiges Crewmitglied werden.

Um dem Fendergirl zu entwachsen und dabei meine kostbare Freizeit mit fremden Menschen zu verbringen, konnte mein Weg nicht werden. Eher gruselte mich diese Vorstellung, da es mir unvorstellbar war, mich in einem solchen fremden Team bei meiner persönlichen Ängstlichkeit aufgehoben zu fühlen. Mit Menschen zusammen zu sein, die es vielleicht gar nicht nachvollziehen können, das Wind, Welle und Schräglage jemanden abgrundtief verunsichern können ist keine Option für mich. .

Vielleicht habe ich früher einfach zur Unzeit den „Weißen Hai“ gesehen. Auch wenn ich genau weiß, dass in der Ostsee noch keine weißen Haie schwimmen, bedeutet das keineswegs, dass in der Tiefe des Meeres nicht unbekannte Gefahren lauern könnten. Delfine hatten wir schon in der Förde und ich meine die Echten und keine hiesigen Schweinswale.

Sowas kann im Unterbewusstsein von phantasievollen Menschen unbewusst gespeichert werden. Natürlich albern, aber ich gehe grundsätzlich lieber im Pool schwimmen, als mich im freien Wasser zu bewegen.

In Indonesien im Dschungel hatten wir in einem Teich beim Baden mal die unverhoffte Begegnung mit einer sehr großen Süßwassermuräne, die deutlich machte, dass sie sich von uns erheblich in ihrem Revier gestört fühlte. Auf den Gilis im Meer trafen wir auf Wasserschlangen und auf Komodo gab es Haie im knietiefen Wasser. Ich schweife ab und überhaupt ist der Plan ja auf der Ostsee zu segeln.

Natürlich wollte ich dann mehr über die BootsProfis erfahren und stellte im Verlauf der Videobetrachtung fest, dass Hendrik und Dominik mit ihren Fachkenntnissen angehende Segler beim Bootserwerb und Einstieg ins Segeln begleiten. So wurde auch ein junges Paar aus Österreich begleitet, die ein Boot kauften ohne Segelkenntnisse zu haben, um dann damit allein um die Welt zu reisen.

Ich fragte mich, wo nehmen Julia und Markus nur ihren Mut her. Das wirkte alles so lässig und nachdem ich ein paar weitere Youtube Videos von Julia und Markus von Sailing Insieme geschaut hatte und dann noch Videos von Hendrik und Dominik und ihrem Segelabenteuer auf der 7seas verkonsumiert hatte reichte mir das geistige Futter zunächst.

Die Lässigkeit und Geschwindigkeit mit der die Segelanfänger aus Österreich ihr Boot sicher steuerten stand im klaren Gegensatz zu meinen Wahrnehmungen in Ostseehäfen.

Wenn ich alleine darüber nachdenke, wieviel Hafenkino ich im Laufe der Jahre als Fendergirl gesehen habe, nach dem mich unsere Familien Crew sicher in den Hafen zurückgebracht hatte und man gemütlich ein Einlaufbier genoss.

Julia und Markus waren für mich unvorstellbar mutig und unbedarft. Sogenannter jugendlicher Leichtsinn, wobei damit keine Leichtsinnigkeit an sich gemeint ist. Sie sind einfach jung. Ältere Semester wissen was ich meine.

Natürlich ließen die Beiden sich vernünftig schulen, da gab es nichts zu meckern. Aber so easy konnte es doch nicht sein oder doch? Okay, das Üben wurde nicht vollständig gefilmt, wäre sicher für den Segelinteressierten dann auch viel zu langatmig geworden.

Es wird nicht ständig alles supi gelaufen sein oder doch?

Vielleicht bin ich einfach aufs Segeln bezogen zu alt, zu talentfrei oder nicht optimistisch genug, eben  zu sehr ein eingefleischtes Fendergirl.

Als „Pferdemädchen“ weiß ich, dass man Reiten nur durch Reiten lernt und über keinen Sprung gemeinsam mit dem Pferd kommt, wenn man nicht der Maxime folgt: „Wirf dein Herz voraus, dein Pferd springt ihm nach.“

Aber trotzdem habe ich den Eindruck auf Booten ist alles anders.

Häfen und Hafenboxen wirken auf mich immer sehr klein und das Boot immer sehr groß. Wie sieht man bloß das es passt und dann noch bei Wind und ohne richtige Bremse? Warum sind Hafenhandbücher und andere Hafen beschreibende Medien nur so Fendergirl unfreundlich und geben die Boxenbreiten nicht an. Seltene Ausnahmen bestätigen die Regel. Es kommt durchaus vor, dass Boote zwischen den Pfählen stecken bleiben. Kann man da nicht rücksichtsvoller sein und durch Angabe der Boxenbreite seine Gastfreundschaft zeigen?

Vor meinem geistigen Auge sah ich uns als Zweier Crew eher mit der Bugspitze den Steg aufspießen oder zwischen Fendern in andere Boote „reinsemmeln“. Bei den vielen Tonnen an Gewicht und der Trägheit ist da nichts zu machen mit der Hand, dem Bootshaken oder mit den Beinen. Das Boot abhalten funktioniert nicht.

Schon bei kleineren Booten hatte ich bei Anlegemanövern verfolgen können wie Menschen durch die Reling hindurch versuchten mit dem Einsatz von Armen und Beinen das Boot aus der Kollisionsgefahr herauszubringen. Das ging häufig mit wildem Geschrei an Bord und einem Verletzten im Hafenbecken einher. Absolut unerwünscht und für mich ein No Go.

Darüber hinaus bekam man im Rahmen vom Hafenkino genauso mit, wie wenig amüsant es alle Beteiligten nach einer Kollision finden, wenn der Gelcoat des frisch polierten Bootes ein Loch aufweist oder die frische Lackierung durch Peter Wrede Yacht Refits erhebliche Makel einstecken musste.

Das Alles was zu Booten gehört und zu reparieren ist, grundsätzlich mit erheblichen Kosten, Zeit und Mühen verbunden ist, hatte ich auch als Fendergirl mitbekommen und war froh, dass unsere Familien Crew noch nie einen Unfall hatte.

Zumindest würden solche Bootsdramen die in der Ostsee eher kurze Segelsaison schrecklich beeinträchtigen. Dann würde schlechte Laune folgen. Niemand möchte schlechtlaunige Menschen um sich herumhaben, die zu Hause in den Himmel gucken und auf ihre Wetter App und dann sagen in welche Richtung man gerade Segeln könnte. Oder gar regelmäßig laute Seufzer von sich geben.

Das hatte ich schon mal erlebt. Kurz nach Beginn einer Herrentour vor vielen Jahren brach auf dem Vorvorgänger Boot, einer Dehler, das Ruder.

Die Herrentour wurde bei tüchtig Wind von der DGzRS, der Deutschen Gesellschaft für Schiffsbrüchige in den Hafen geschleppt. Anders ging das nicht. Der Urlaub war zu Ende. Ich hatte dann das „Vergnügen“ die Herren im Hafen mit ihrem Gepäck einzusammeln. Schrecklich, ganz schrecklich!

An einem solchem Zustand möchte ich nicht schuld sein. Dem kann man auch nicht mit köstlichem Essen begegnen und wenn dann noch käme, kannst du nicht mal das leckere Gericht machen, was du immer machst, wenn wir auf dem Boot sind. Nicht auszudenken! Meine Intension ist es einen glücklichen Mann zu haben!

Diese weitschweifenden Gedanken wurden nur gelegentlich unterbrochen von dem was Hendrik beim Segeln üben mit Julia und Markus tat und erklärte. Sie übten auch Mann über Bord Manöver. Da war ich natürlich sofort wieder ganz bei ihnen und besonders hellhörig. Hendrik sagte sehr eindringlich nach dem Manöver: „Aber eigentlich ist das Mann über Bord Manöver überhaupt gar keine Option Das darf nicht passieren! Du musst alle Vorkehrungen treffen, dass das auf gar keinen Fall passiert!“

Die Message erreichte mich. Hatte meine Schwiegermutter mir nicht aus ihren aktiven Seglerzeiten berichtet, wie eine Frau aus dem Hafen ihren toten Ehegatten an einem Schleppseil hinter dem Boot her in den Hafen gezogen hatte. Sie hatte ihn nicht mit einem Mann über Bord Manöver, als er über Bord ging, rechtzeitig einsammeln können. Mann einfach mal so tot.

Meine Ehe soll noch lange dauern, der Mann macht mich glücklich und er kann es mit mir aushalten.

Wenn ich das gerade so aufschreibe muss ich an die Filmszene zwischen Julia Roberts und Cameron Diaz in dem Film „Die Hochzeit meines besten Freundes“ denken.

Die beiden Frauen unterhalten sich über den Bräutigam und dessen idealen Frauentyp. Julia als „Fresskritikerin“ und beste Freundin des Bräutigams erklärt der zukünftigen Braut, dass der Bräutigam am liebsten Wackelpudding will und keine Creme Brûlée.

Fendergirl  bedeutet quasi Creme Brûlée zu sein und nicht Wackelpudding. Also will ich Wackelpudding sein! Ich kann und werde Wackelpudding sein!

(Wer das nicht versteht schaue sich bitte den schönen Film an).

Ich schaltete YouTube ab.

Beizeiten wollte ich mir auf YouTube die Segelbegeisterung verbreitenden Abenteurer genauer anschauen.

Wenn ich sehe, was passieren könnte, wie Abhilfe geschaffen werden kann und wie andere Segeln gelernt haben und entspannt Spaß haben, dann finde ich auch einen Weg meine Ängste und Sorgen als Fendergirl abzulegen.

Vielleicht geht das so, es ist zumindest ein Plan

Hocipoci

Hinterlasse einen Kommentar